Hass im Netz - wieso trifft es den Klimaschutz und was können Betroffene tun? | mit Josephine Ballon (HateAid)
Shownotes
Unsere Learnings aus der Folge:
- Unternehmen können ihre Mitarbeiter unterstützen, indem sie nur relevante personenbezogene Daten veröffentlichen.
- Online-Gewalt muss von der gesamten Gesellschaft als solche anerkannt werden.
- Die Strafverfolgung im Internet verbessert sich: 50-60% der im Netz angezeigten Personen können identifiziert werden.
Gliederung der Folge:
- Über HateAid (03:20)
- Der Hass auf Klimaschützer:innen (04:54)
- Die Dimension von Hass im Internet (06:47)
- Tipps zum Schutz im Internet (08:13)
- Tipps für Unternehmen zum Schutz der Mitarbeitenden (11:28)
- Status quo der Täterverfolgung im Netz (14:24)
- Auswirkungen von Kommunikation im Netz auf das reale Leben (21:23)
- Umgang bei Linkedin (23:17)
- Der Einfluss der Wirtschaft auf die sozialen Netzwerke (28:29)
Mehr über HateAid
Wir, Meike & Nils von PHAT CONSULTING, freuen uns über euer Feedback auf Linkedin.
Hier kannst du Nils und Meike kontaktieren.
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PHAT CONSULTING 040 - 226 383 100, moin@ceo2neutral.de
Viel Spaß bei der 127. Folge von CEO2-neutral!
Musik: Michael Ahlers, Scribbles: Michael Kutzia
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00:00:00: [Musik]
00:00:19: Moin und herzlich willkommen zu unserem Podcast CEO2-neutral. Wir begrüßen euch wie immer
00:00:23: zu unserem Austausch mit spannenden Gästen dazu, wie Unternehmerinnen,
00:00:28: Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sich der Reise anschließen können zu einem
00:00:31: nachhaltigeren Unternehmen, ökologisch, ökonomisch und sozial. Wir sind ja seit
00:00:37: einigen Jahren mit unserer Firma auch auf der Reise zur Nachhaltigkeit bei uns.
00:00:42: Und dabei nehmen wir euch wie immer mit, denn wir glauben fest daran, dass es am
00:00:46: Ende alle braucht, alle Unternehmen, aber eben auch die Mitarbeiter auch einen
00:00:50: Impact haben, um insgesamt für Nachhaltigkeit zu sorgen. Wir, das sind wie
00:00:54: immer Meike und ich. Meike, wie geht's dir? Moin, Nils, ja, wie geht's dir gut? Ich komme
00:00:59: aus einem sehr schönen Osterwochenende, habe da sogar noch zwei Tage
00:01:04: ran gehangen, das ist ja ganz kurze Woche, was ja immer ganz schön das Start
00:01:08: wieder ist nach Munchlein Urlaub. Und ja, hab' ich meine Familie verbracht, würde sagen, die
00:01:13: Akkus hat aufgeladen. Wie geht's dir? Ja, wie geht's auch gut? Ich freue mich halt auf
00:01:17: all der Fälle, dass es wärmer wird und draußen sieht es so ein bisschen trüb aus
00:01:21: heute. Aprilwetter. Echtes Aprilwetter, aber steht ihr jetzt an? Wen haben wir denn
00:01:28: heute zu Gast? Ja, sagen wir, Josephine Ballon da, Josephine, schön, dass du hier
00:01:33: bist. Du bist von Haus aus rechtsanwältet und hast so auch zunächst 2019 als
00:01:39: Head of Legal zu HateAid gefunden. Seit 2023 bist du noch Geschäftsführerin und
00:01:45: arbeitest eben daran, die rechtlichen Voraussetzungen für Betroffene von
00:01:48: digitaler Gewalt zu verbessern, ihnen Zugang zu ihrem Recht zu verschaffen und
00:01:53: damit sind wir ganz gespannt auf dieses Thema, weil wir immer wieder merken, auch
00:01:57: in anderen Podcast folgen, aber auch wieder darüber reden, woher kommt
00:02:01: eigentlich überhaupt dieser Hass im Internet und das noch kombiniert mit
00:02:05: Klima, ist irgendwie so eine ganz spezielle Mischung, auf jeden Fall nehmen,
00:02:09: wie es so war und wir freuen uns sehr auf den Austausch. Schön, dass du hier bist.
00:02:12: Josefine, wie geht's dir? Okay, danke gut. Wir beginnen ja immer mit der Frage, wie
00:02:18: du eigentlich zum Thema Nachhaltigkeit gekommen bist. Wir ändern das hier mal
00:02:23: so ein bisschen ab, weil du bist ja sozusagen, das ist ja eine spezielle Form
00:02:26: der Nachhaltigkeit und zwar geht es ja bei dir um das Thema Hass und Hetze im Netz.
00:02:32: Wie bist du denn dazu gekommen? Ja, das war tatsächlich nicht mein Plan A, als ich
00:02:38: dann als Rechtsanwältin zugelassen wurde, aber genau etwas, was sich aufgrund
00:02:43: der Zeit, die wir damals vor fünf Jahren hatten, einfach angeboten hat. Ich hatte
00:02:49: mit Hate Aid und den Anfängen von HateAid schon mal ehrenamtlich zu tun und
00:02:53: als ich dann mit der Ausbildung fertig war, gab es ein Projekt, wo es eben möglich
00:02:58: war, eine 20-Stunden-Stelle zu schaffen und ich dachte, ich schaue mir das mal an
00:03:02: und bin da echt einfach kleben geblieben, habe es bisher auch keinen Tag bereut,
00:03:06: denn an welchen sein kann ich noch den Rest meines Lebens, aber das Thema Hass
00:03:10: im Netz ist etwas, worum wir uns jetzt kümmern müssen.
00:03:12: Kannst du vielleicht ein paar Sätzen zusammenfassen, was genau macht ihr
00:03:16: Rufi, seid ihr da, was ist so ein bisschen die Mission, die ihr verfolgt?
00:03:19: Die Mission von Hate Aid ist sich für Menschenrechte im digitalen Raum
00:03:23: einzusetzen. Das machen wir auf sehr verschiedene Art und Weisen, die sich
00:03:28: wie ich finde wunderbar ergänzen und das macht für mich auch den Reiz von Hate
00:03:32: Aid aus, dass wir eben das ganze Thema nicht eindimensional angehen. Wir
00:03:36: unterstützen einerseits Betroffene von digitaler Gewalt ganz individuell mit
00:03:41: psychosozialer Beratungen, aber eben auch mit Rechtsdurchsetzung, die wir ihnen
00:03:46: ermöglichen durch unsere Prozesskostenfinanzierung. Aber es geht uns
00:03:49: eben auch ganz prinzipiell darum, die Rahmenbedingungen insgesamt zu verbessern.
00:03:54: Einmal auf gesetzgeberischer Ebene durch Stellungnahmen, Inputs zu
00:03:58: Gesetzgebungsprozessen, aber eben auch durch die Verbesserung der Zustände in
00:04:03: der Polizei und Justiz, da halten wir Workshops und Fortbildungen ab und wir
00:04:07: sensibilisieren die Öffentlichkeit. Durch große politische Kampagnen,
00:04:10: wir hatten jetzt auch eine Out of Home Kampagne, wie es so schön heißt, wo wir
00:04:16: Plakate in vielen deutschen Städten ausgehangen haben, um wirklich sehr
00:04:20: niedrigschwellig auf das Thema und die Probleme im Netz aufmerksam zu machen.
00:04:23: Wenn man da ja mal drauf schaut, habt ihr ja einen Fokus tatsächlich auch auf
00:04:29: Klimaschutz oder Klimaschützer, Klimaschützerinnen. Wenn man das mal so
00:04:33: bisschen verfolgt, ist es ja wirklich schlimm anzusehen im Internet, wenn jetzt
00:04:39: jemand dort etwas postet, was denn halt gerade, wie ich es wahrnehme, gerade
00:04:43: mit Frauen etwas posten, was dann da drunter steht. Wie ist denn der Hass aus
00:04:49: deiner Sicht auf Klimaschützer, Klimaschützerinnen entstanden? Also
00:04:53: warum ist das so? Ich bin natürlich auch keine Psychologin, von daher kann ich
00:04:56: das jetzt nicht individuell für die einzelnen Menschen beantworten. Aber was
00:05:00: wir beobachtet haben, nicht nur seit der Gründung von Hate Aids, sondern
00:05:03: insgesamt seit 2015, ist, dass die Themen von digitaler Gewalt, also die Themen
00:05:09: für die man angegriffen werden kann, wenn man sich dazu äußert, dazu
00:05:12: positioniert im Internet, sich diversifiziert haben. Vor ein paar Jahren war
00:05:16: das noch vor allem Flucht und Migration und jetzt sehen wir, dass es immer mehr
00:05:21: Themen gibt, die so politisch aufgeladen sind, die so polarisierend sind, die eben
00:05:25: so auch instrumentalisiert werden, um da auch den Hass zu schüren. Und da fällt
00:05:30: ganz sicher auch das Thema Klimaschutz, Klimawandel darunter, was natürlich
00:05:36: jetzt auch noch ein aufreger Thema geworden ist durch Protestaktionen, die
00:05:41: da einfach sehr viel diskutiert wurden. Aber das Thema an sich ist eben auch
00:05:45: aufgeladen, denn es wird natürlich auch politisch instrumentalisiert, um die
00:05:50: Bevormundung durch die Regierung, durch den Staat irgendwie anzuprangern. Und da
00:05:55: sind alle Menschen, die sich für dieses Thema einsetzen, die sich für
00:05:58: Klimaschutzmaßnahmen aussprechen, natürlich eine Projektionsfläche, die
00:06:03: benutzt werden, um an ihnen ein Exempel zu statuieren, um zu sagen, das passiert,
00:06:07: wenn du diese und jene Position zum Klimaschutz vertritt, dann wirst du
00:06:12: angegriffen und das funktioniert sehr gut. Das, was man raushult, also letztlich die
00:06:16: Themen, die eh schon polarisieren, das nochmal doppelt, dreifach sozusagen
00:06:21: potenziert, kriegt man dann eben auch im Internet auf zurück. Jetzt wird ja oft
00:06:25: der Internet auch als irgendwie so rechtsfreier Raum bezeichnet oder man
00:06:29: hört das irgendwie öfter, gerade auch in Talkshows etc. Das ist ja aber eigentlich
00:06:33: gar nicht so. Also was ich mal gelernt habe, geht da genau die Gesetzgebungen. Also
00:06:37: ich darf niemand auf der Straße beleidigen, aber eben auch nicht im Internet. Wie
00:06:41: kommt es denn, dass es denn auch irgendwie so krass dollar- und übertriebener
00:06:46: eben im Internet stattfindet? Das hat natürlich verschiedene Gründe.
00:06:49: Einerseits kann man sich im Internet anonym bewegen, das ist sicherlich ein
00:06:53: Bestandteil davon, auch wenn die Meinungen dazu auch auseinandergehen. Und
00:06:58: dann ist es natürlich so, dass das Internet an sich kein rechtsfreier Raum
00:07:02: ist, aber leider immer noch ein weitgehend rechtsdurchsetzungsfreier.
00:07:05: Das ändert sich auch gerade schon so ein bisschen. Da ist schon einiges passiert,
00:07:09: aber wir sind noch lange nicht da, wo wir sein müssten, um da wirklich zu einem
00:07:12: echten Abschreckungseffekt zu kommen. Das heißt, die Menschen sind es eben
00:07:16: gewohnt, dass sie sich da äußern können und trauen sich das auch im Schutze der
00:07:20: Anonymität, um da einfach Sachen zu sagen, die sie auf der Straße, die machen
00:07:25: wir ins Gesicht sagen würden, weil sie eben auch wissen, dass es keine
00:07:28: Konsequenzen haben wird. Und gleichzeitig ist natürlich das Internet auch ein Raum,
00:07:32: wo man leichter als im analogen Leben die öffentliche Meinung, sofern es
00:07:39: dann so was überhaupt gibt, wie eine öffentliche Meinung manipulieren kann,
00:07:42: indem man nämlich die Gegebenheiten der sozialen Netzwerke, die Alkoholipen der
00:07:47: sozialen Netzwerke benutzt, indem man ihre Funktionsweise benutzt, um mit
00:07:52: wenig Leuten ganz besonders viel Aufmerksamkeit zu erregen und den
00:07:56: Eindruck zu erwecken, dass hier die Mehrheitsmeinung widerspiegelt wird.
00:08:00: Wie kann ich mich denn jetzt als Person, die eben auch gerne öffentlich
00:08:05: Stellung bezieht zu manchen Themen, dennoch irgendwie schützen und welche
00:08:09: Rolle spielt, ihr eventuell auch in dem Kontext?
00:08:13: Es gibt leider nicht das Patentrezept, wie man sich äußern kann, ohne dafür
00:08:17: Hassaufsicht zu ziehen. Was wir bei HateAid leisten können, ist Betroffene zu
00:08:22: bestärken und zu empowern und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich so sicher wie
00:08:27: möglich zu bewegen. Das heißt, in erster Linie geht es natürlich darum, sich
00:08:32: darauf vorzubereiten, dass so etwas passieren kann. Wir sehen das ganz
00:08:35: häufig, dass Menschen unüberlegt, einfach Sachen sagen, posten, Videos posten,
00:08:42: sich zu bestimmten Themen, Stellung beziehen, ohne dass sie darauf vorbereitet
00:08:45: sind, was dann auf sie zukommt. Wenn zum Beispiel die eigene Privaterdresse im
00:08:49: Internet steht. Bei manchen ist es vielleicht auch der Arbeitgeber, was
00:08:52: nicht alle Menschen was angeht. Die Schule der Kinder, der Name des Partners, der
00:08:56: Partnerin und all solche Dinge können schützenswerte Informationen sein, wo
00:09:01: man nicht möchte, dass sie von den falschen Leuten gefunden und
00:09:05: instrumentalisiert werden. Das heißt, darum sollte man sich kümmern, man
00:09:08: sollte vorbereitet sein, sich überlegen, was macht man, wen kann man vielleicht
00:09:12: auch zu Hilfe holen, das kann eine anweilliche Beratung sein, das kann
00:09:15: eine Beratungsstelle wie HateAid sein, aber zum Beispiel auch das eigene soziale
00:09:19: Umfeld. Wer kann zum Beispiel meinen Accounts übernehmen, wer kann mir mich
00:09:22: unterstützen, wer kann mir bei Screenshots helfen. Das sind Fragen, die man
00:09:26: schon vorher mal beantwortet haben sollte, wenn man sich gerne häufig zu
00:09:31: gesellschaftlich relevanten Themen äußert. Aber ist das nicht total schlimm? Also
00:09:36: dass man halt sozusagen sich halt zu, also ich sage mal, ich rede jetzt davon, dass
00:09:42: man sich im demokratisch normalen Rahmen sozusagen oder im gesetzlichen Rahmen
00:09:48: halt in einem wie zu gewissen Themen halt in wie äußert und dass man den Vorsorge
00:09:54: treffen muss, halt in einem wie keine Information, ja wenn ich jetzt zum Beispiel
00:09:58: nicht sagen würde, wo meine Kinder zur Schule gehen oder so, weil ich da Angst
00:10:02: haben muss, ist das nicht ein untragbarer Zustand? Das ist natürlich schlimm und
00:10:08: auch gewissermaßen untragbar, aber wie ich gesagt habe, wir arbeiten daran, uns
00:10:12: auch dafür einzusetzen, die ganzen Rahmenbedingungen zu verändern, aber wir
00:10:16: müssen bis wir da angekommen sind, natürlich erst mal zu sehen, wie kann
00:10:19: man Betroffene bestärken. Dazu gehört natürlich auch, sie darüber aufzuklären,
00:10:24: was sie machen können, wenn sie angegriffen werden. Denn ganz häufig sind
00:10:27: es nicht nur die Täter und Täterinnen, die glauben, ach, da passiert mir eh nichts,
00:10:30: da kann mich eh keiner finden, sondern es sind auch die Betroffenen, die zu uns
00:10:34: kommen und sagen, ach ja, es ist ja im Internet, da kann man sowieso nichts machen,
00:10:38: Strafanzeigen mache ich nicht, wenn ich es bei der Plattform melde, dann passiert
00:10:41: sowieso nichts. Da ist ganz viel Resignation und Frust einfach über viele
00:10:45: Jahre entstanden, wo Betroffenen gelernt haben, es bringt nichts und da müssen wir
00:10:49: zu einem Umdenken kommen und dafür brauchen wir alle Beteiligten, wir brauchen
00:10:52: die Betroffenen, die sich auch tatsächlich wehren, wir brauchen die gesamte
00:10:56: Gesellschaft, die sich solidarisch zeigt und wir brauchen Institutionen, die
00:11:00: wehrhaft sind, und zwar auch im Internet. Jetzt redet sich ja unser Podcast auch
00:11:04: an Unternehmen, Mitarbeiter*innen, Unternehmer*innen. Wie nehmt ihr das denn da war?
00:11:09: Ist es eher ein Phänomen, das so auf die Person als Einzelperson oder ist es
00:11:13: eben wahrscheinlich, wenn ich irgendeine bestimmte Unternehmen repräsentiere oder
00:11:16: Gruppen, Parteien, dann kann das ja auch wahrscheinlich mich zum Ziel machen.
00:11:23: Und wie kann ich denn da als Unternehmen oder Organisation bei den
00:11:26: Mitarbeitenden auch schützen? Wir hören das natürlich auch von Vertreter*innen,
00:11:30: von Unternehmen immer wieder, dass gerade solche Klimaschutz-Themen,
00:11:34: Nachhaltigkeits-Themen auch gegen sie benutzt werden, um da Stimmung zu machen,
00:11:39: um gegen sie zu hetzen. Und es ist so, dass die Mitarbeitenden natürlich auch
00:11:46: dadurch gehemmt sind, dass sie wissen, was passiert, wenn man sich zu bestimmten
00:11:50: Themen positioniert, sich da auch mit ihrem eigenen Gesicht und mit ihrem
00:11:54: eigenen Namen solchen Themen anzuschließen. Auch das ist bei uns
00:11:59: schon angekommen, dass da wirklich Hemmungen bestehen und das natürlich
00:12:03: allen bewusst ist, wenn sie sich mit ihrem eigenen Gesicht dazu positionieren,
00:12:07: zu den Werten des Unternehmens positionieren oder sogar für das
00:12:10: Unternehmen öffentlich auftreten, dass sie dann selber auch zur Zielfläche
00:12:14: werden können. Denn es ist gerade eine Strategie, sich ein Individuum rauszupicken,
00:12:19: denn es ist viel, viel leichter ein Individuum anzugreifen als eine ganze
00:12:22: Institution oder ein ganzes Unternehmen. Und da gibt es natürlich Möglichkeiten
00:12:28: für Unternehmen auch darauf zu reagieren. Da sind wir wieder bei den privaten
00:12:31: Informationen. Also wie kann man eben auch Mitarbeitenden ermöglichen, sich zu
00:12:36: äußern, aber gleichzeitig eben dafür sorgen, dass nicht ihre gesamte Biografie
00:12:40: mit ihrem Wohnort und Vor- und Zunahme auf der Gesichterliste auftaucht. Braucht
00:12:46: es zum Beispiel immer ein Foto, was da wirklich von allen Leuten drauf ist.
00:12:49: Muss in der Signatur wirklich immer jedes Kontaktdatum mit drinstehen. All das sind
00:12:55: sehr einfache Möglichkeiten, wie man die Privatsphäre der Mitarbeitenden auch
00:13:00: aus Unternehmenssichten ein bisschen schützen kann, um eben dafür zu sorgen,
00:13:03: dass sie nicht angegriffen werden. Und dann ist es natürlich auch wichtig für
00:13:06: Unternehmen anzuerkennen, dass auch digitale Gewalt Gewalt ist und dass
00:13:11: man Mitarbeitende damit nicht alleine lassen sollte. Das heißt, wenn etwas
00:13:14: passiert, was in irgendeiner Form im Unternehmenskontext steht, dann denke ich,
00:13:20: ist es heutzutage das Minimum, was man erwarten kann, dass das Unternehmen sich
00:13:23: dann auch solidarisch zeigt und eben auch darauf reagiert und wirklich das auch
00:13:28: ernst nimmt und Unterstützung zusagt.
00:13:31: Ich gehe noch mal einen zurück, als du vorhin sagst, wie ihr euch engagiert.
00:13:36: Da hattest du ja gesagt, dass ihr auch dabei unterstützt, die Themen auch
00:13:42: entsprechend juristisch durchzusetzen, beziehungsweise auch zu Anzeige zu bringen.
00:13:45: Und dort halt auch dabei unterstützt halt diese Themen, dass die auch tatsächlich
00:13:51: verfolgt werden, um da auch wahrscheinlich auch eine gewisse Erwarnisse
00:13:55: auf das Thema zu bringen und da halt in irgendwie auch sozusagen eben auch
00:13:58: einfach für eine gewisse Abschreckung zu sorgen.
00:14:02: Hast du denn dort das Gefühl, dass ihr dort offene Türen einlauft oder wird das
00:14:08: halt zunehmend besser? Also ich stelle mir das, weiß ich auch nicht, also ich stehe
00:14:13: da nämlich genauso da, dass ich denke, also ich bin auch noch ein Sonderwissingnation.
00:14:17: Ich denke auch noch so, ah, das bringt ja wahrscheinlich nichts.
00:14:19: Magst du da vielleicht mal ein bisschen berichten, wie das denn sich tatsächlich darstellt?
00:14:24: Vielleicht erstmal zusammenfassend, es hat sich sehr viel getan.
00:14:27: Wir haben mittlerweile spezialisierte Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland,
00:14:31: die teilweise auf Ermittlungsquoten oder Identifizierungsquoten von 50-60 Prozent kommen.
00:14:36: Das ist schon ordentlich.
00:14:37: Das heißt, fast jeder oder jede zweite kann gefunden werden, wenn man eine Anzeige erstattet.
00:14:43: Das heißt, wenn ich mal so auf die gesamte Situation gucke, auf die politische Situation
00:14:48: gucke, dann kann ich schon sagen, dass wir offene Türen mit dem Thema einrennen.
00:14:51: Ich glaube, das ist auch einer der Gründe, warum Hate-Aid gekommen ist,
00:14:54: um zu bleiben und wirklich auch so schnell gewachsen ist, weil dieser Bedarf einfach sicher da ist.
00:15:01: Was natürlich ein bisschen die andere Frage ist, gerade im Bereich von Rechtsdurchsetzung ist natürlich,
00:15:06: der Föderalismus bringt es mit sich, dass wir Strafverfolgung als Ländersache betrachten müssen.
00:15:12: Und da ist dann natürlich auch sehr minutiöse Kleinarbeit gefragt.
00:15:16: Das heißt, man muss dann wirklich in die einzelnen Länder gehen, auf die einzelnen Polizeidienststellen.
00:15:20: Und die sagen einem dann natürlich auch, ist ja alles schön und gut,
00:15:23: aber wie sollen wir das machen? Wo sollen wir die Leute hernehmen?
00:15:26: Wo sollen wir die Ressourcen hernehmen?
00:15:27: Also da ist es wirklich eine echte Mammutaufgabe, da wirklich für eine flächendeckende Abdeckung zu sorgen.
00:15:33: Denn natürlich nicht alle Privatpersonen haben Zugang zu spezialisierten Abteilungen in den Staatsanwaltschaften
00:15:38: oder sogar zum Bundeskriminalamt.
00:15:40: Das heißt, da ist es wirklich ein Flickenteppich von Regelungen.
00:15:44: Aber es wird besser. Also immer mehr Bundesländer nehmen das auch wirklich als ernstes Thema wahr und machen was.
00:15:50: Das heißt, wenn ihr dann auch gemalt ist ja auch eingehens, dass ihr eben auch mit Polizei etc. Arbeit unter Workshops angebt.
00:15:57: Das heißt, das ist dann wirklich der Bund, der euch dann auch beauftragt.
00:16:00: Oder sind das einzelne Polizeistellen?
00:16:04: Also das ich find's total interessant.
00:16:06: Genauso, der Bund macht da relativ wenig.
00:16:09: Wir sehen aber, dass wir in den letzten Jahren vor allem tatsächlich seit dieser Sendung von Jan Böhmermann
00:16:16: zu Strafverfolgungen im Netz, die ja relativ viel Aufmerksamkeit erregt hat, werden wir sehr viel von der Polizei angefragt.
00:16:22: Davor hatten wir ja so den Fokus auf Staatsanwaltschaften.
00:16:25: Wir haben immer gefordert, es braucht spezialisierte Staatsanwaltschaften und so weiter.
00:16:29: Und haben dann natürlich aber auch gemerkt, es nützt uns ja nichts, wenn die Staatsanwaltschaft hochspezialisiert ist,
00:16:34: wenn die Anzeigen nicht da ankommen, wo sie eigentlich hin müssen.
00:16:37: Weil vorher landen sie auf dem falschen Papierstapel oder im Papierkorb oder irgendwas anderes passiert damit.
00:16:43: Oder sie werden gar nicht erst gestellt, weil das Anzeigeformular so kompliziert ist, dass kein Mensch bis zum Ende durchkommt.
00:16:48: Und haben uns dann eben auch gedacht, okay, jetzt müssen wir mehr an die Polizei ran.
00:16:52: Und das spielte uns dann so ein bisschen in die Hände, weil wir seitdem tatsächlich sehr viel angefragt werden für Schulungen bei der Polizei.
00:16:58: Von ganz verschiedenen Abteilungen.
00:17:00: Also sowohl von der Schutzpolizei als auch wirklich von natürlich der Kriminalermittlungen,
00:17:07: die sich da mit jetzt befassen, was sie da machen können von Polizeihochschulen,
00:17:11: aber auch von einzelnen Gruppen, die Führungskräfte ausbilden.
00:17:16: Also das ist wirklich sehr, sehr unterschiedlich.
00:17:18: Und genauso unterschiedlich sind dann eben auch die Reaktionen, die wir darauf bekommen.
00:17:22: Für einige ist das schon so fast schon kalter Kaffee, was wir da erzählen.
00:17:26: Und für die anderen wiederum ist das was total Neues.
00:17:29: Und einige sind auch sehr skeptisch und sagen so, ja, okay, aber diese Beleidigung im Internet haben wir nicht besseres zu tun,
00:17:35: mit den ganzen Körperverletzungen und Handtaschendiebstählen, die wir so sehen.
00:17:40: Und da ist es eben dann unsere Aufgabe eben darüber aufzuklären.
00:17:43: Was macht das mit unserer Gesellschaft, was macht das mit Meinungsvielfalt?
00:17:46: Warum ist das nicht ein Einzelproblem, sondern warum ist es eigentlich ein Dienst an der Gesellschaft,
00:17:51: erstens von den Personen sowas überhaupt anzuzeigen und zweitens von der Polizei zur Mitteln?
00:17:56: Was ich mich dabei frage, ist in meinem Verständnis müsste das doch eigentlich eine staatliche Aufgabe sein.
00:18:02: Also das, was ihr tut, könnte ja eigentlich erstmal so eine Interimaufgabe sein.
00:18:08: Das ist natürlich toll, dass ihr das macht und so weiter, kudos.
00:18:12: Und das ist super, super, super.
00:18:13: Aber mich wundert, dass dann irgendwie immer...
00:18:16: dass es denn irgendwie so lange dauert, weil ich eigentlich müsste es doch für den Staat,
00:18:20: also auch mit den Mitteln, und wenn man einfach mal sagt, okay, das ist ein ernstes Thema,
00:18:24: und ich glaube, das ist ja angekommen, ja, also seit dem viel zitierten "Das Internet ist Neuland"-Thema,
00:18:30: und was ja auch, das wurde ja damals belächelt, und wenn man jetzt nämlich mal aus verschiedenen
00:18:34: Perspektiven drauf guckt, war es gar nicht so falsch, wie zum Beispiel, wenn man sich so was
00:18:38: jetzt immer wieder anschaut, dass das dann irgendwie immer NGOs da quasi in die Bräsche
00:18:43: springen muss in Erführungsstrichen, um dieses Thema halt irgendwie so stark zu püsen. Also neben
00:18:48: dir auch war das sozusagen auch eure Arbeit auch nach und nach auch als staatliche Aufgabe
00:18:55: angesehen wird, oder seid ihr wirklich gekommen, um zu bleiben? Ja, das ist leider noch nicht so sehr.
00:19:00: Also wir sehen, wie jetzt gerade auch was individuelle Betreuung von Betroffenen angeht,
00:19:07: da relativ wenig von Startseite was passiert, aber auch da, und vielleicht auch noch mal
00:19:12: ein bisschen auf den Unternehmenskontext zu kommen, ist es glaube ich nicht nur der Staat,
00:19:16: der gefordert ist, sondern es sind auch die Institutionen, für die Menschen auftreten,
00:19:20: und wo sie dann eben digitale Angriffe erfahren. Das sind politische Parteien, das sind Unternehmen,
00:19:26: das sind Rundfunkanstalten, Medienhäuser, das sind eben alle, die im Endeffekt da auch
00:19:34: mittelbar mit in der Verantwortung stehen, und das ist auch ein ganz wichtiges Thema für uns,
00:19:38: eben dieses Verantwortungsgefühl erstmal zu wecken und zu sagen, es kann nicht sein,
00:19:43: dass ihr euren Leuten sagt, ja was kann ich denn dafür, wenn du mit deinem privaten Twitterprofil
00:19:48: angegriffen wirst, wenn man doch Gesicht und Namen überhaupt gar nicht wirklich trennen kann
00:19:53: von der beruflichen Tätigkeit. So geht es ja einfach ganz vielen Leuten heutzutage, gerade
00:19:57: Insakten von LinkedIn, da wird ja fast schon erwartet, dass man dort auch präsent ist und
00:20:01: dass man dort auch sich zu der eigenen Arbeit äußert, wenn man bestimmte Positionen bekleidet.
00:20:05: Deswegen genau ist das auch ein wichtiges Thema, was den Staat angeht. Da gibt es natürlich immer
00:20:11: Licht und Schatten. Einerseits werden wir natürlich auch staatlich gefördert, also gerade im Bereich
00:20:15: der psychosozialen Betroffenenberatung bekommen wir zumindest aktuell noch staatliche Mittel.
00:20:19: Wer weiß, wie sich die Haushaltslage entwickelt, das war schon durchaus schwierig, die letzten zwei
00:20:23: Jahre da überhaupt noch hinzukommen. Wir sind da durchwachsen optimistisch, wie es die nächsten Jahre
00:20:31: ausgeht und dann haben wir natürlich auch den Status als gemeinnützige Organisation. Das beinhaltet
00:20:37: ja auch schon die Botschaft, dass wir in irgendeiner Form staatliche Aufgaben erledigen und deswegen
00:20:41: im Endeffekt heißt Gemeinnützigkeit ja nichts weiter als Steuerbegünstigungen im Vergleich zu
00:20:45: wirtschaftlich agierenden Unternehmen. Dadurch wird ja schon etwas anerkannt auch, dass wir
00:20:50: gewissermaßen Leistungen erbringen, für die der Staat keine eigenen Institutionen hat.
00:20:54: Ich würde gerne noch mal auf den Punkt eingehen, den du eben auch mit erwähnt hattest, nämlich was
00:20:59: eigentlich diese Radikalisierung im Internet auch gesellschaftlich für Auswirkungen hat oder
00:21:04: haben kann. Ist es so, dass du eben auch die These unterschreiben würdest, dass je aggressiver
00:21:10: der Umgang im Netz wird, sich das eben doch auch eventuell mit auf die Straße verlangen kann in
00:21:15: den Umgang miteinander, in die Art, wie wir auch diskutieren, Konflikte lösen, überhaupt noch in
00:21:21: der Lage sind Dialoge zu führen? Auch hier kann ich mich jetzt nicht auf irgendwelche
00:21:25: Causaditäten festnagen lassen, die ich auch nicht belegen kann, genauso wie ganz viele andere
00:21:30: Leute das nicht können. Allerdings wissen wir natürlich, dass es analoge Attentate gab,
00:21:34: zum Beispiel das Attentat auf Henriette Riecker, Halle Hanau oder auch die Tötung von Walter
00:21:40: Lübcke. All das sind Vorkommnisse, ganz reale Vorkommnisse in der echten Welt, wie man jetzt
00:21:46: vielleicht sagen würde, wo eine Radikalisierung derjenigen, die sie verursacht haben im Internet,
00:21:51: am Ende sich rausgestellt hat. Und es gibt diese Radikalisierungsräume im Internet, wo Menschen
00:21:56: reingezogen werden in bestimmte Themen, zu denen sie anders keinen Zugang haben. Das heißt, ich
00:22:03: denke nicht, dass das sehr weit hergeholt ist, eben auch solche Causaditäten anzunehmen. Und dann
00:22:07: sehen wir natürlich auch gerade bei jungen Erwachsenen und bei Jugendlichen, wie diese Verrohung
00:22:13: der Sprache sich auch auf ihre Wahrnehmung dessen, was erlaubt ist und was nicht erlaubt ist,
00:22:17: auswirkt. Also viele, gerade jüngere Betroffene, denen wir sagen, übrigen Stickpicks zu bekommen,
00:22:23: ist eine Straftat. Das sind pornografische Inhalte, die darf man nicht Leuten ungefragt
00:22:27: zuschicken. Oder das ist eine Beleidigung oder das ist vielleicht sogar schon eine Bedrohung,
00:22:31: was du da bekommen hast. Da denken die sich teilweise, das kriegt doch jede Woche,
00:22:35: wie kann das eine Straftat sein? Wer möchte das auch schon glauben? Wer möchte glauben,
00:22:39: dass man jede Woche auch für eine Straftat geworden ist. Auf der Straße würden wir das
00:22:42: ja auch nicht normal finden, wenn wir die Straße runter gehen und links wird ein Auto aufgeknackt,
00:22:47: links wird eine Oma überfallen und rechts wird ein Kind geschlagen. Das wäre kein normaler
00:22:51: Zustand, wo wir einfach weiterlaufen würden und sagen, ja ist halt heutzutage so, die Zeiten
00:22:55: sind hart geworden, sondern da würden wir zur Polizei laufen und würden uns wundern, was hier
00:23:00: passiert ist. Im Internet machen wir das nicht. Da klicken wir einfach weg und denken uns ja, schade.
00:23:05: Also die Sache ist auf alle Fälle auf dem Weg. Es passiert halt wie Sachen. Eine Spezialisierung
00:23:11: findet halt in wie Stand. Ich habe jetzt irgendwie auch nochmal mitgenommen eben dieses immer mehr
00:23:16: transparent machen und da natürlich LinkedIn, ganz klassisches Beispiel. Also man erfährt ja
00:23:21: sehr viel über LinkedIn, halt über Personen, dass das natürlich eben zum guten Ton gehört,
00:23:26: aber gleichzeitig auch nicht so einfach ist. Es ist doch erstaunlich, wenn ich da kurz einhaken,
00:23:31: da hat was die Leute über sich auf LinkedIn preisgeben und gleichzeitig wie allgemein sie
00:23:36: auch zu ganz verschiedenen Themen da mittlerweile kommunizieren. Das ist ja längst nicht mehr
00:23:39: berufsbezogen und was wir noch gar nicht beleuchtet haben, ist natürlich auch die Rolle von solchen
00:23:45: sozialen Medien. Das sind ja privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen, die sich durch Werbeanzeigen
00:23:50: finanzieren. Das heißt, sie sind darauf angewiesen, dass es Werbekundschaft gibt, die bereit sind,
00:23:56: dagegen Geld anzeigen zu schalten oder irgendwelche anderen Werbetools zu benutzen, die ich jetzt
00:24:01: wahrscheinlich auch nicht im Detail erklären könnte. Aber das heißt, die haben natürlich gerade,
00:24:05: gerade LinkedIn, hatte einfach auch eine Herausforderung trotzdem noch eine attraktive
00:24:09: Plattform zu bleiben, wo Leute sich trauen mit ihrem echten Namen und ihrem Gesicht hinzugehen.
00:24:14: Denn da kann man ja anders als auf anderen Plattformen natürlich auch Fake-Profile erfinden,
00:24:18: wenn man das möchte. Aber es ist ja sehr viel mehr Aufwand, weil man muss ja dann Unternehmen
00:24:21: erfinden und also Leute, die nicht sagen, wo sie arbeiten auf LinkedIn, das ist ja fast schon
00:24:25: als unseriös empfunden, wohingegen man sich auf Twitter einfach ein Foto von Körn mit dem Frosch
00:24:30: hochladen kann und irgendein Fantasienamen ausdenkt und schon hat man ein wunderbares Fake-Profil,
00:24:34: mit dem man alles Mögliche machen kann. Also im Endeffekt hat man eigentlich ein
00:24:38: Stück weit auf LinkedIn diese Anonymität eigentlich in diesen Posts aufgehoben und
00:24:43: gleichzeitig lebt natürlich die Attraktivität der Plattform halt damit, dass es eben keinen
00:24:49: Hass und Hetze auf der Plattform gibt. Und also insofern müssten die ja aber auch eigentlich
00:24:54: auch in Interesse dort an der Zusammenarbeit oder sozusagen an einer, ich sag mal, anführungsstrichen
00:24:59: sauberen Plattform haben, oder? Wie nimmt ihr das wahr? Auf jeden Fall. Also LinkedIn ist
00:25:04: zum Beispiel eine Plattform, die uns sehr früh auch proaktiv kontaktiert hat, ohne dazu gesetzlich
00:25:09: verpflichtet zu sein in einer Form. Ich kann jetzt natürlich auch nicht sagen, dass jetzt da alles
00:25:14: perfekt ist. Da gibt es sicherlich auch Sachen, die nicht so funktionieren. Aber wir haben schon
00:25:19: viele Plattformen verklagt. LinkedIn war noch nicht dabei, weil sich bisher alles anders lösen ließ.
00:25:24: Klage, wunderschöne Brücke. Wie ist es denn, würdest du wirklich sagen, also wenn ich jetzt
00:25:29: wirklich mal jetzt polarisieren, Greta Thunberg, Risa Neubauer und so der Ecke, würdet ihr wirklich
00:25:36: empfehlen, jede Beleidigung jedes Mal anzuzeigen? Also ist das wirklich der Weg, den man geht und
00:25:44: den ihr auch empfehlen? Also ich verstehe das total, wenn Leute auch sagen, wenn ich jede
00:25:48: Beleidigung anzeigen würde, wenn ich jede Beleidigung bei der Plattform melden würde,
00:25:52: dann bräuchte ich zwei Angestellte dafür, die das für mich erledigen. Deswegen verstehe ich total,
00:25:56: wenn Menschen da auch abschichten und da so manche fühlen dann so Erheblichkeitsschwellen für
00:26:00: sich ein. Einige sagen dann, okay, wenn mir nach dem Leben getrachtet wird, dann werde ich aktiv.
00:26:05: Oder wenn meine Familie thematisiert wird oder bestimmte Themen, wo sie einfach sagen,
00:26:10: bestört mich, wenn die immer wieder aufs Tapé gebracht werden. Aber die grundsätzliche
00:26:16: Haltung, dass man dagegen vorgehen sollte und zwar nicht erst dann, wenn eine konkrete Morddrohung
00:26:21: ausgesprochen wird, die würde ich schon unterstreichen. Ich habe Verständnis für jede individuelle
00:26:26: Situation, wenn das vielleicht zeitweise nicht geht oder man sagt, man muss da abschichten. Aber
00:26:31: grundsätzlich sollte das die Haltung sein, dass man gegen alle potentiellen straffbaren Inhalte
00:26:35: auch vorgeht oder sie zumindest bei der Plattform meldet, damit man eine Chance hat, überhaupt
00:26:40: dass sie entfernt werden. Das klappt natürlich auch nicht immer zuverlässig. Genau, man kann
00:26:44: jetzt auch nicht wegen jeder Äußerung Gerichtsverfahren anstrengen. Dafür dauern die viel zu lange,
00:26:49: sind viel zu teuer und so weiter und so fort. Aber es sollte durchaus eine Option sein und wir setzen
00:26:55: uns dafür ein, dass es immer häufiger eine Option wird, wie es ja auch in anderen Bereichen solche
00:27:00: Trends zum Beispiel gibt. Ich sage nur Fluggastrechte oder Fahrgastrechte bei der Deutschen Bahn. Solche
00:27:05: Themen sind ja auch mittlerweile salonfähig geworden. Bei der Deutschen Bahn hat es da sogar
00:27:10: sogar dazu geführt, dass jetzt proaktiv diese Formulare ausgeteilt werden, wenn man eine Verspätung
00:27:16: hat. Und das wäre doch was, was auch ganz schön wäre, wenn man das auf Social Media Plattform
00:27:20: erreichen könnte, wenn man den Druck so sehr erhöhen könnte, dass man da eben auch irgendwohin
00:27:24: kommt, wo die proaktiv auch über Rechte aufklären, weil sie eben damit rechnen, dass sie eben auch
00:27:30: mal verklagt werden könnten. Ich finde es super. Und immer die Analogie in die analoge Welt hilft
00:27:36: natürlich auch. So kann man auch einfach sagen, okay, ich gehe auch jedes Mal, wenn mir, muss ja
00:27:41: nicht jedes Mal ein Auto komplett demolieren, aber auch wenn einer ein Kratzer reinmacht und
00:27:46: ein Spiegel abtritt, gehe ich halt trotzdem zur Polizei. Also sozusagen, also man kann ja auch
00:27:50: einfach überlegen, okay, wann passiert denn jetzt eigentlich was? Und das halte ich zumindest im
00:27:56: Analogenraum auch hier, dass dann halt dann auch die Polizei auch uns auch immer aufgefordert hat,
00:28:01: also auch immer, wenn die Erfaschtöße sind, Verkauftwirt oder so, dass wir halt dann irgendwie
00:28:06: das Wort auch melben, damit halt auch tatsächlich was passiert und dann hat auch ein Fokus drauf.
00:28:10: Also aus dieser Perspektive kann man das ja auch mal sehen. Wenn man jetzt mal auf die
00:28:15: Wirtschaft halt irgendwie guckt, die natürlich auch eine gewisse Power haben, wie können die
00:28:19: dann ihre Macht dort halt dann irgendwie auch nochmal sinnvoll nutzen? Geht das über Verbände
00:28:27: oder was würdet ihr euch denn da noch wünschen? Genau, also Verbände gibt es natürlich auch,
00:28:31: die treffe ich auch gelegentlich, denn viele von denen sind ja auch gemeinnützige Organisationen
00:28:36: und die setzen sich auch nicht nur für schlechte Themen ein, das möchte ich jetzt ja auch gar nicht
00:28:40: behaupten, aber das sind natürlich dann eher Themen, die die Industrie betreffen und die die
00:28:44: Interessen der Industrie betreffen. Ich gucke natürlich immer eher so auf den gesamtgesellschaftlichen
00:28:49: Bereich, was gibt es da für Möglichkeiten, um eben Veränderungen zu erzwingen und da würde
00:28:53: ich sagen, hat die Wirtschaft schon so einige Hebel. Der erste Hebel, den sie haben, ist natürlich
00:28:59: auch ihre eigene Reichweite, das heißt Kampagnen, wie sie jetzt auch gerade wieder laufen, um sich
00:29:04: gegen Rechtsextremismus auszusprechen, können sehr wirkungsvoll sein, weil sie eben auch zeigen,
00:29:09: die Industrie ist ja auch eine starke politische Kraft in dem Land und wenn alle eben sehen,
00:29:14: die Industrie bekennt sich zu bestimmten Werten, die sind ihnen wichtig, dann ist das schon mal auf
00:29:19: jeden Fall ein starkes Signal. Und dann habe ich es vorhin auch schon angesprochen, haben sie
00:29:24: natürlich die Werbekraft, das heißt, sie sind diejenigen, die am Ende den Betrieb der sozialen
00:29:29: Netzwerke finanzieren, denn für die Nutzen ist das ja kostenlos. Die Nutzen dann bezahlen mit
00:29:35: Erkenntnissen aus ihrem Nutzungsverhalten und ihren Daten, die dann eben bei den Verkauf von
00:29:40: Werbeflächen benutzt werden, den gezielten Verkauf von Werbeflächen sogar. Und da haben wir in der
00:29:45: Vergangenheit zum Beispiel zwei Beispiele gehabt, die sehr wirkungsvoll waren. Das erste war die
00:29:49: Kampagne Stop Hate for Profit, die damals auf Facebook gescheitet wurde, wo eben ganz viele
00:29:55: Unternehmen daraufhin ihre Anzeigen eingefroren haben bei Facebook und wirklich zu einem,
00:30:01: also auf jeden Fall Millionen, Verlust geführt haben. Vielleicht war es sogar mehr, was dann
00:30:06: Facebook schon zum Einlenken an einigen Stellen geführt hat, wenn es gerade auch um extremistischen
00:30:12: Inhalten, Inhalte geht. Und wir hatten auch gesehen, wenn man auf Pornoplattformen guckt, da müssen
00:30:18: wir leider auch öfter mal mit arbeiten, gerade in Zeiten von so KI-Deepfakes, die leider häufig
00:30:24: missbraucht werden, um pornografische Deepfakes von Frauen zu erstellen, um sie dann auf Pornoplattformen
00:30:29: zu verbreiten. Da gab es auch mal eine Kampagne, die eben dazu geführt hat, dass auf Porn hat,
00:30:36: jetzt mittlerweile sehr strenge Verifizierungsvorgaben. Ich finde ehrlich gesagt sogar ein bisschen
00:30:40: zu strenge Verifizierungsvorgaben, aber auf jeden Fall muss man sich dort jetzt mit seinen
00:30:44: richtigen Daten registrieren, wenn man Inhalte hochladen will. Und das liegt einzig und allein
00:30:48: daran, dass Visa damals gesagt hat, nachdem rauskam, dass einige Kinder-Missbrauchstarstellungen
00:30:55: dort verbreitet wurden. Wenn ihr eure Plattform nicht sauber halten könnt, dann werden wir euch
00:31:00: nicht mehr als Zahlungs-Diesler zur Verfügung stellen. Und dann mussten sie einlenken, weil
00:31:05: wie sollen sie sonst Geld verdienen, wenn sie kein Visa anbieten können als Zahlungsmethode?
00:31:10: Alles andere ist ja viel zu kompliziert. Und das hat dann eben dazu geführt, dass die wirklich,
00:31:14: da ihr Geschäftsmodell radikal umgestellt haben. Ich finde, das zeigt ganz gut, die Kraft, die
00:31:19: Wirtschaft eben auch haben kann, um solche Unternehmen zu einlenken und umdenken zu bewegen.
00:31:26: Das geht schneller als das, was wir machen. Wir prangern auch öfter mal Missstände an.
00:31:30: Und wenn wir Glück haben, dann kommen irgendwelche Gesetze oder Aufsichtsmaßnahmen raus, aber
00:31:34: die dauern halt Jahre. Die sind einfach nicht so unmittelbar.
00:31:37: Ja, spannende Beispiele. Also das macht es direkt greifbar. Und eben doch wieder den
00:31:42: Nebel und die Wirkungsweite und Reichweite, die wir dann auch hatten als starker Wirtschafts-Player.
00:31:49: Wir sind tatsächlich über der Zeit, ich glaube, wir könnten auch stunden weiter schnacken.
00:31:55: Danke, Herr Dich, Josefine. Aber am Ende haben wir ja immer noch mal die Möglichkeit oder geben
00:32:00: uns eine Gasselmöglichkeit ein, Appellos zu werden. Das heißt, wenn wir jetzt noch mal
00:32:03: irgendwas unterstreichen möchtest oder irgendwas noch gar nicht sagen konntest, was ja aber wichtig war,
00:32:08: dann ist jetzt noch mal die Gelegenheit.
00:32:09: Dann will ich es doch nochmal sehr allgemein einfach formulieren und dafür plädieren,
00:32:13: das Thema digitale Gewalt nicht zu verharmlosen und eben auch gerade die wirtschaftliche Komponente
00:32:18: das Ganze in den Blick zu nehmen, um die Hebel eben auch zu erkennen, die darin liegen.
00:32:22: Ich denke, das ist mein Appell.
00:32:24: Ganz lieben Dank.
00:32:25: Gerne.
00:32:26: Ja, Nils, jetzt Josefine da. Hey, 8. nochmal ganz andere Blickwinke irgendwie,
00:32:38: den wir so gar nicht betrachtet haben, intensiv in der Folge. Wie fandest du es?
00:32:42: Ich fand es total spannend auf unterschiedlichen Ebenen und ich glaube, das Thema ist einfach.
00:32:48: Maximal relevant, weil wenn wir einfach auf dieses gesamte Demokratie Thema gucken,
00:32:53: was ja immer mehr jetzt irgendwie auch in den Fokus kommt und auch wo man immer wieder merkt,
00:33:00: okay, wie relevant das ist, dann ist es natürlich auch extrem wichtig, dass dort nicht einfach
00:33:08: Menschen zum Versturm gebracht werden, indem die da halt eine Wehe übel angegangen werden
00:33:14: im Internet und das ist ja was, was tatsächlich passiert, wo drüber dann halt im Moment eine
00:33:19: komplette Diskursverschiebung halt irgendwie stattfindet und halt dann einfach Menschen,
00:33:23: Meinungen halt eben wie nicht gesagt werden und dann, dass plötzlich dann halt eben den Anschein
00:33:28: hat als während der gewisse Sachen halt in der Mehrheit, was sie ja endlich gar nicht sind.
00:33:35: Deswegen ist es halt total wichtig, dieses Thema halt dann einfach zu lösen, weil ich glaube,
00:33:40: das ist halt dann einfach die einzige Chance, die wir haben, wenn wir halt weiter diesen
00:33:45: digitalen Raum uns vernünftig bewegen wollen. Und insofern fand ich das halt wie sehr spannend
00:33:52: und es hat mir halt ein paar Ecken so ein bisschen gut gemacht. Also wenn ich halt wie sehe, okay,
00:33:57: da verändert sich halt die Dinge zum Positiven. Das ist ja immer schon mal auf alle Fälle schon
00:34:04: mein Thema und das auch eine gewisse Awareness da ist sozusagen, sowohl in der Gesetzgebung als
00:34:10: auch bei den Staatsanwaltschaften, aber eben auch ein Interesse bei den Polizeien halt,
00:34:14: die wir stattfindet. Und gleichzeitig stelle ich mir das wahnsinnig mühsam vor in diesem
00:34:18: ja, federalistischen Erfindungteblich. Dort halt dann wie quasi jeden einzelnen Aktur da halt
00:34:25: wie zu bedienen insofern Hut ab vor der Leistung. Das ist so das, was ich mitgenommen habe. Wie
00:34:32: geht es dir? Ja, ich kann das alles unterstreichen. Das ist so eine Mischung aus, irgendwie, es ist
00:34:38: auch so ein krasses Thema, aber dann Freude über die hohen Zahlen, die sie auch genannt hat. Also
00:34:44: dass eigentlich nahezu 50 Prozent derjenigen, die ich dann eben auch Anzeige identifiziert
00:34:49: werden kann und wirklich dann eben auch verfolgt werden können diese Themen. Und wo du jetzt
00:34:55: auch nochmal den demokratiebegriff genommen hast und so eine Superweiher. Dieses Jahr haben wir
00:35:00: hier einige Landtagswahlen, Europa-Wahlen in den USA gewiddet. Türkei wird ja, glaube ich,
00:35:05: gerade auch gewählt. Also man merkt eben schon, wir sind jetzt heute gar nicht so krass auf Parteien
00:35:10: eingegangen und man sieht ja eben auch gerade hier in Deutschland mit AfD und KOWI eben auch gezielt
00:35:15: Parteien versuchen, diese digitalen Räume auch in Algorithmen so zu manipulieren, um Meinung zu
00:35:22: machen und das ist natürlich irgendwie ganz gefährlich. Und deswegen ist es so wichtig,
00:35:27: dass da irgendwie ja Awareness drauf kommt und da ganz viel Aufmerksamkeit für geschaffen wird
00:35:33: und auch sensibilisiert wird für, weil das irgendwie dann schneller geht als, glaube ich,
00:35:38: mal glaubt nicht schnell, mal dann in so ein Algorithmus reinkommt und futsch wirst du einfach
00:35:43: auch mit falschen Informationen versorgt. Also ja, ein Thema, wenn man sich länger Gedanken macht,
00:35:49: sozusagen, was man aufpassen muss, eigentlich runterzieht in der Laune und in den Dystopien,
00:35:55: in denen man sich dann schnell bewegt, aber es ist natürlich einfach ernst zu nehmen.
00:35:58: Ja, total. Ja, auf alle Fall eine echt spannende Folge.
00:36:01: Total, voll cool. Toll, was Head8 da macht, muss man ja auch noch mal sagen und ja,
00:36:08: dass man das das Thema eben auch dann entsprechend seine Aufmerksamkeit bekommt.
00:36:12: Ja.
00:36:12: Danke, Nils. Ich freue mich aufs nächste Mal. Bis dann.
00:36:15: Ciao.
00:36:15: *Musik*